Christian Walter, New OEM Expert und Managing Director Sales bei einem weltweit tätigen Werkzeug- und Formenbauer, hat sich die Zeit genommen, um mit uns auf die Chancen des deutschen Mittelstands in der Automobilindustrie zu blicken, welche sich durch das autonome Fahren ergeben. Getrieben durch eine Technologie, welche in den kommenden Jahren die Industrie komplett umkrempeln kann, hat er sich schon früh mit dem Thema auseinandergesetzt.
Dabei gibt Christian auch zu verstehen, dass er schon eigene Erfahrungen mit autonomen Fahren in San Francisco sammeln durfte. Denn dort war er mit Robotaxis von Cruise unterwegs. Eine Erfahrung, welche er schnellstmöglich wiederholen wolle. Demnächst wohl mit Baidu in China. Denn auch dort sind Robotaxis unterwegs.
Als Interieur-Spezialist ist sein Unternehmen für alle gängigen Automobilhersteller (OEMs) tätig und beschäftigt sich dort vor allem mit Instrumententafeln. Schon heute sei es so, dass das Handschuhfach nicht mehr zeitgemäß ist. Wieso zig Papiere, Fahrtenbücher und andere Unterlagen umherfahren, welche sich auch in einem Smartphone unterbringen lassen. Der Platzgewinn wäre riesig. Vor allem in Zeiten, in denen immer mehr und immer größere Bildschirme Einzug im Pkw halten.
Autonomes Fahren verändert Fahrzeuge komplett
Spätestens mit dem Einzug des autonomen Fahrens im größeren Stil, werde sich der Fahrzeuginnenraum, seiner Meinung nach massiv verändern. Lenkräder und Fahrer-/ Beifahrersitz sind an sich nicht mehr notwendig. Die Sitze können anders ausgerichtet werden. Der Fokus beim Fahren liegt nicht mehr beim Fahren an sich. Von der Rolle des Fahrer:in geht es hin zum Passagier:in.
Ebenso wandle sich die Fahrzeugtypen extrem. Man wird nicht mehr nur unter autonomen Pkw unterschiedlichster Marken unterscheiden. Es werden autonome Shuttles auf der Straße unterwegs sein, ebenso wie autonome Zustell-Fahrzeuge oder autonom fahrende Schwerlasttransporter. All diese wollen mit einer Vielzahl neuer Teile aus der Automobilindustrie und deren Zulieferer versorgt werden.
Aus seiner Sicht Fluch und Segen zugleich. Sei man flexibel aufgestellt und öffne sich für neue Technologien, sei es möglich, sich hier neue Felder zu erschließen. Jedoch nehmen Automobilhersteller sowie generell Hersteller im Mobilitätsbereich wohl Abstand von großen Stückzahlen, da sich diese künftig auf mehr Fahrzeugtypen verteilen. Kleinere Stückzahlen für einzelne Zuliefererteile könnten die Folge sein. Hier muss dann entsprechend die Kostenstruktur stimmig gestaltet werden.
In diesem Zusammenhang haben wir uns auch über verschiedene Bezahlmodelle ausgetauscht. Denn autonomes Fahren ermöglicht durch die Möglichkeit des hohen Datenaustauschs auch die Möglichkeit, dass nur abgerechnet wird beim Passagier:in, was auch genutzt wird. Sollte diese:r nur im Sitz Platz nehmen, greift die Pauschale, wird die Massage- und Entspannungsfunktion in Anspruch genommen, erhält der Hersteller eine gesonderte Vergütung. Quasi, „Pay-per-Use“. Im Detail hörst du dir dies am besten nachfolgend an. Viel Freude damit.
Gerne kannst du uns auch Fragen zum autonomen Fahren per Mail zukommen lassen, welche dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Hörer des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freuen wir uns. Also gerne melden, auch für die bereits erwähnten Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung beim Podcast-Anbieter deiner Wahl freuen wir uns natürlich auch sehr! Vielen Dank.
Transkript zu New OEM Experte: „Autonomes Fahren, eine Chance für gesamte Industrie“
Sebastian
Servus Christian. Vielen Dank, dass du dir heute die Zeit nimmst, dass wir uns ein wenig über das Thema autonomes Fahren im Umfeld von einem Automobilzulieferer oder jemand, der in der Automobilindustrie tätig ist, austauschen. Bevor wir da allerdings einsteigen, stell dich doch gerne mal selbst vor und für wen du tätig bist.
Christian Walter
Ja, Christian Walter. Vielen Dank, dass ich dabei sein kann, sehr interessantes Thema. Ich arbeite für die Firma Siebenwurst, schon seit mehreren Jahren, und Siebenwurst ist unter anderem auch ein Spezialist von Interieurkomponenten. Das bedeutet natürlich eine hohe Relevanz für unser Geschäft: Wie verändern sich Innenräume in Zukunft? Welche Bauteile fallen weg? Welche Bauteile kommen hinzu? Also das heißt, das ist natürlich für uns ein Geschäft, was nahezu disruptiv einerseits ist, aber andererseits natürlich auch Chancen bietet, wo wir irgendwo die für uns bewerten müssen und in neue Geschäftsmodelle hineingehen können.
Sebastian
Das heißt, damit haben wir jetzt auch schon die Verbindung sozusagen geschaffen und können auch aufzeigen, was das Thema autonomes Fahren mit euch zu tun hat, weil ihr euch eben auch mit dem Zukunftsgeschäft auseinandersetzen müsst oder mit dem zukünftigen Geschäft. Und da macht es natürlich einen Unterschied, ob wir jetzt vom Verbrenner-E-Auto ausgehen, wo ich selbst steuere, oder eben von einem vollkommen autonom fahrenden Fahrzeug, was ja wahrscheinlich noch mal ganz andere Ansprüche hat. Das wird auch euer Ansatz gewesen sein.
Christian Walter
Genau, das ist absolut der Ansatz. Wenn wir uns jetzt mal ein herkömmliches Auto ansehen, Instrumententafeln, da sind wir sehr stark. Da sind wir fast bei jedem OEM irgendwo vertreten, mit irgendeinem Thema im Bereich Interieur, speziell mit Instrumententafeln. Wenn ich mir jetzt zum Beispiel mal den Handschuhkasten anschaue, aus meiner Sicht ist das ein Relikt der alten Zeit. Wer nutzt wirklich schon einen Handschuhkasten? Das wird immer noch eingebaut. Also nur die Frage der Zeit, bis ein Interieur-Designer kommt und sagt: „Den Handschuhkasten brauche ich eigentlich nicht mehr. Alles, was im Handschuhkasten früher drin lag, wird digitalisiert heute. Das läuft über eine App. Da ist dann irgendwo ein Fahrtenbuch, da ist dann irgendwo ein Inspektionsheft. Das ist alles digitalisiert, das brauche ich nicht mehr.“
Und wenn ich dann weiter schaue in alle Interieurs von allen OEMs, ob es kalifornisch, ob es chinesisch ist, ob es deutsch ist, wir sehen starke Trends zu immer größeren Monitoren im Interieurbereich. Und das wird natürlich den herkömmlichen Innenraum komplett auf den Kopf stellen.
Sebastian
Definitiv. Wir hatten es im Vorgespräch ja schon mal darüber und auch gerade dieses Handschuhfach, wie du es genannt hast, ich habe da mal überlegt. Also ich nutze das kaum. Maximal, um da mal kurz in eine Anleitung reinzugucken. Und da denke ich mir auch manchmal, das wäre echt besser, wenn ich die einfach auf meinem Smartphone hätte – da habe ich eine Suchfunktion, gebe da drei Begriffe ein, was ich suche und bekomm es dann auch direkt – als wenn ich mich da durch das Register, Inhaltsverzeichnis durchblättere. Also ich sehe da auch keine Relevanz mehr und so wie du sagst, es entsteht ja dann auch neuer Platz für verschiedene Elemente, wie eben auch den Bildschirm oder die Bildschirme, die da mehr Einzug halten.
Aber es ändert sich ja nicht nur der Platz in dem Fahrzeug an sich, es können sich ja auch die Fahrzeugtypen dann wahrscheinlich mit dem autonomen Fahren ändern. Also wir reden da ja nicht mehr vom klassischen PKW, sondern da gehen wir auch in Richtung Passenger Cars, Robotaxis und so weiter. Das wird ja bei euren Überlegungen auch ein Stück weit eingeflossen sein.
Christian Walter
Genau. Was ist der Purpose von den einzelnen Modellen, die wieder unterschiedliche Anforderungen haben? Ich denke, wir reden nicht von einem Bildschirm, wie wir es aktuell haben, sondern wir reden von mehreren Bildschirmen oder vielleicht auch in der nächsten Phase über Virtual Reality, über Metaverse. Jeder Passenger hat einen einzelnen Monitor, hat ein einzelnes Hologramm und das, was ich schaue, kannst du gerade nicht schauen und das, was ich höre, kannst du nicht hören. Also genau diese Verteilung, dann bin ich genau bei den Fahrzeugklassen, die dort entstehen, die du eben angesprochen hast.
Habe ich ein Robotaxi, wo ich sage, ich möchte zum Flughafen fahren, ich fahre mit mehreren Passagieren zum Flughafen, das Robotaxi geht danach wieder zurück zu dem nächsten Kunden – das ist dann dieses Uber-Prinzip – oder habe ich mein eigenes Auto, wo ich sage, anstatt drei Autos in der Familie brauche ich nur noch ein Auto in der Familie, weil ich fahre morgens zur Arbeit, schicke das Auto wieder nach Hause und das Auto fährt die Kinder zur Schule.
Das ist das Nächste. Da habe ich natürlich auch wieder einen anderen Bedarf an Interieur. Da bin ich vielleicht, wenn es mein eigenes Auto ist, wieder eher „luxuriöser“, höherwertiger, individueller ausgestattet, während ich ein Robotaxi dann eher habe: Was mache ich denn, wenn eine McDonalds Tüte da drin liegen bleibt? Also irgendjemand muss es ja säubern, muss es reinigen, bevor er es wieder zum nächsten Kunden schickt. Das ist eigentlich ein ganz einfacher Fall, aber das ist ein Fall, der geklärt werden muss: Wer kümmert sich denn um die Sauberkeit, wenn ich irgendwo Dreck verursache im Auto? Aber auch im Thema Sicherheit zum Beispiel. So habe ich ja immer den Taxifahrer gehabt, der irgendwie aufgepasst hat auf alles. Das habe ich jetzt natürlich nicht mehr.
Und was dann natürlich weitere Segmente sind, sind zum Beispiel auch Auslieferungsroboter. Zum Beispiel Nuro in den USA, die dann wirklich klassisch Päckchen ausliefern, Essen ausliefern, die voll autonom unterwegs sind, die vielleicht auf Bürgersteigen fahren. Das sind natürlich auch Themen, die auch Bauteile brauchen – sei es im Interieur, sei es im Exterieur. Die werden wieder ganz anders aussehen. Bis hin zur Logistik. Bis hin zu LKWs, wo sich auch dort Kabinen ändern werden, wo ich sage: Brauche ich eigentlich noch eine Kabine? Kann ich die Kabine nutzen, um da neuen Laderaum letztendlich zu schaffen? Also wir sehen in der kurzen Diskussion, wie viele verschiedene Stoßrichtungen es in der Diskussion gibt, wo wir sehen, da wird es überall neue technische Ansätze geben und überall werden wieder eigene Spezialisten und Experten benötigt.
Sebastian
So hört es sich an, und für euch bietet es ja dann dementsprechend auch noch mal Möglichkeiten, sich da anderweitig zu platzieren, weil die Vielfalt scheint ja auf jeden Fall größer zu werden, auch für potenzielle Produkte, die ihr in die Fahrzeuge liefern könnt.
Christian Walter
Die Vielzahl wird größer. Also des einen Freud‘, des anderen Leid. Es kommt immer darauf an, aus welcher Sicht ich das sehe. Sehe ich das aus Sicht des Werkzeug-, Formenbaus – da kommt die Siebenwurst-Gruppe her –, sage ich: Egal, ob du 10.000 Autos benötigst, 100.000 oder eine Million, du wirst immer ein Werkzeug, eine Form brauchen. Das Gleiche gilt für Kunststoff als auch Blech als für [unverständlich 00:06:38]. Für den Serienhersteller, der wirklich in Stückzahlen liefert, ist es natürlich nicht unerheblich, ob ich ein 3er-BMW oder einen A4 beliefere in Millionen Stückzahlen oder ob ich sage, durch diese verschiedenen Segmente gehen die Stückzahlen an sich pro Segment oder pro Marke natürlich eher nach unten.
Das heißt aber auch, ich muss für mich überlegen, wie kann ich denn dort trotzdem noch partizipieren, auch wenn Stückzahlen heruntergehen, wie bin ich cleverer in der Fertigung, wie habe ich aber vielleicht auch neue Bezahlmodelle. Also nur einfach mal kreativ in die Zukunft gedacht. Wir haben da auch eine kleine Umfrage gemacht für einen kalifornischen Kunden, wo dann wirklich auch die Überlegung war: Was ist denn, wenn wir in einem Robotaxi in Zukunft … Der Kunde bezahlt für die Nutzung des Sitzes und der Sitzhersteller generiert Daten zum Beispiel, die er wieder für sich verwenden kann, logischerweise.
Das hört sich jetzt sehr kreativ an, vielleicht auch ganz weit weg, aber vielleicht haben wir einfach neue Bezahlkonzepte. Geht es in Zukunft wirklich darum, mit einem Auto von A nach B zu fahren und zu sagen, ich zahle für dieses Auto Summe XY oder zahle ich für die Nutzung, wie lange ich Netflix nutze? Und der Autobauer ist mit irgendeiner Prozentzahl bei der Netflix Nutzung, bei der Amazon Prime Nutzung dabei oder bei den Dienstleistungen und Gütern, die konsumiert werden bei einem Amazon-Versand für Turnschuhe.
Sebastian
Auch sehr spannende Ansätze, die du da ins Spiel mitbringst, wo das autonome Fahren an sich ja auch noch mal über das Fahrzeug hinaus dann für Veränderungen sorgen kann. Ich musste jetzt gerade daran denken, bei der Sitzgeschichte kam ja letztes Jahr dann gerade BMW mit auf, die die Sitzheizung schon mit verbaut haben, aber wenn du sie haben willst oder nutzen wolltest, musst du eine monatliche Gebühr dafür bezahlen. Bei dir geht das Ganze ja jetzt noch mal einen Schritt weiter, aber klar ist ja vorstellbar, dass man dann auch daran partizipieren will. Dann bekommt man natürlich nicht erst im ersten Aufschlag sozusagen sein Geld zurück, aber über die Dauer besteht ja auch die Möglichkeit, dass so ein Sitzhersteller wahrscheinlich wesentlich mehr Marge dran macht, als es jetzt im Moment der Fall ist.
Christian Walter
Das muss ein [unverständlich] Ziel sein, dass clevere Dienstleistungen stattfinden. Wobei ich jetzt ganz offen und ehrlich, ohne jetzt auch BMW zu kritisieren, mit so einer Thematik … Ich meine sogar, es wäre VW gewesen. Aber das ist jetzt auch egal, ob es BMW, VW oder Daimler ist, mit der Sitzheizung, wo man irgendwo sagt, da bin ich mir sehr unsicher. Als Kunde, sorry, da erwarte ich eine Sitzheizung. Da möchte ich nicht extra als Goodie bezahlen. Oder ihr bietet mir ein wirkliches Standardprodukt an für 10.000 Euro, da komme ich immer mit von A nach B, und dann bietet ihr solche Features an und dann komme ich auf 12.500.
Aber wenn ich ein Auto kaufe für 30, 40, 50.000 Euro oder 25.000 Euro, da erwarte ich einfach gewisse Basisgeschichten im Service und darüber möchte keiner mehr reden, dass ich sage, Navi mache ich übers Handy, aber ich brauche eine Sitzheizung, ich brauche eine Klimaanlage. Ob das der richtige Weg ist, dann den Nutzer für Basisgeschichten zahlen zu lassen, wage ich mal zu bezweifeln.
Aber grundsätzlich geht genau der Weg dahin: Dieses Pay-per-Use-System, wo kann ich das letztendlich ausdehnen, auf mein Auto? So entstehen natürlich viele schöne Sachen, weil mindestens einer der Fahrer natürlich in seiner gewonnenen Zeit neue Produkte, neue Sachen konsumieren kann. Ob das Hörbücher sind, ob du in ein Metaverse mit einer Datenbrille mit einem Hologramm ableitest. Die Sitzanordnung wird sich ändern. Dadurch, dass mehr Platz geschaffen wird, kannst du liegen, du kannst sitzen, du kannst arbeiten an deinem Notebook, du kannst aber auch schlafen, du kannst essen. Also du wirst viel ungenutzte Zeit, die aktuell unproduktiv ist, mit deinem Flatscreen nutzen können. Und Zeit, in dem Fall, ist Geld und da muss die Frage sein: Wie kann ich denn dem Verkehrsteilnehmer an dem autonomen Fahren einen Mehrwert bieten, auch eine gewisse User Experience, um zu sagen, du kannst deine Zeit so angenehm oder effizient wie möglich nutzen?
Sebastian
Aber ich denke gerade, das war das wichtige Schlagwort, was du auch eben hereingebracht hast: Mehrwert. Wo du ja als Nutzer, Nutzerin dann schon weißt, ich kann jetzt in dem Fahrzeug sitzen, komme vollkommen autonom von A nach B, kann an meinem Laptop etwa die nächste Präsentation vorbereiten oder so was in die Richtung machen, und dann bin ich ja wahrscheinlich auch eher gewillt, für diese Zeit zu bezahlen, als wenn ich von A nach B fahren muss, habe überhaupt keine Zeit, bin noch gestresst vielleicht. Da hast du ja denn doch wesentlich mehr Vorteile und natürlich auch Argumente, um das ein Stück weit dann zu vermarkten, die ganze Geschichte.
Christian Walter
Wirkt natürlich auch alleine vom Preis. Wenn ich jetzt aktuell schaue, was bei diesen bestehenden Robo-Autos die ganzen Aufbauten aktuell kosten, 300 bis 400.000 US-Dollar – das ist Baidu in China, das ist ein Cruise in den USA, Waymo, wie sie alle heißen –, heißt das natürlich auch, wir sind natürlich noch im Anfangsstadium des autonomen Fahrens. Also wir werden aktuell im Taxi sein, das wird sich logischerweise auch noch nicht rechnen. Aber wenn ich schaue, was ein Tesla zum Beispiel mit seinem neuen Nordamerika-Update im autonomen Fahren letztendlich bringt, dass mir Freunde erzählen: „Du, wir fahren von zu Hause, ohne einmal in den Verkehr einzugreifen, in die Firma. Können wir schlafen? Nein, das können wir nicht. Aber wir fahren eigentlich vollständig autonom in die Firma.“, dann sind das tolle Tendenzen.
Natürlich, der Kunde wird sich genau das irgendwann überlegen. Es muss bezahlbar werden, das ist natürlich ganz klar. Wenn ich von A nach B komme, muss ich zu einem akzeptablen Preis … Das ist immer so die Frage: Wie viel ist mir meine Entspannung wert? Wie viel ist mir das Meeting wert, wenn ich zu einem Kundentermin fliege? Das siehst du in der Lufthansa. Es gibt Economy Plätze, es gibt Business Plätze und es gibt First Plätze. Was ist mir was wert? Was kann ich monetär überhaupt mir erlauben? Was kann ich meiner Organisation zumuten und was ist mir das Thema wert?
Diese drei Kategorien der Lufthansa, die werden wir auch im autonomen Fahren letztendlich irgendwo sehen. Wenn jemand sagt, ich fahre gerne von A nach B, ich fahre gerne von Frankfurt nach München, wird er vermutlich nirgendwo so günstig nach München kommen, als wenn ich selbst fahre. Wenn ich aber sage, ich will mich autonom fahren lassen in den nächsten 10 Jahren, wird er dort für den Mehrwert bezahlen. Die Frage ist dann, wie viel und ab wann sagt der Kunde, nein, das möchte oder kann ich mir nicht leisten.
Sebastian
Das denke ich auch, dass da der Preis dann schlussendlich wie immer den Markt dann auch ein Stück weit lenkt oder der Markt davon gelenkt wird. Da kann man jetzt aus der Privatpersonensicht schauen, kann ich ja sagen, das ist mir der Preis mehr wert, aber auch ein Unternehmen kann ja entscheiden, ich bringe meinen Mitarbeiter eben voll autonom von A nach B und dafür arbeitet er halt oder ist dafür dann online in einem Call mit dabei und nutzt seine Pendlerzeit auch noch mal, wo ich als Unternehmen dann vielleicht auch eher gewillt bin, für so ein autonom fahrendes Fahrzeug ein Stück weit mehr Geld in die Hand zu nehmen, als wenn ich ihm jetzt einfach nur einen normalen Verbrenner oder E-Auto an die Seite stelle und sage, fahr mal selbst von Frankfurt nach München.
Christian Walter
Natürlich ist genau das ein Unterschied. Ob ich sechs Stunden von Frankfurt nach München fahre, quäle mich durch die Staus. Ich muss ich ehrlich sagen, habe ich eigentlich einen Arbeitstag hinter mir. Dann arbeite ich vielleicht noch ein wenig im Hotel, aber wie du sagst, das macht ja keiner. Du bist komplett gestresst, am nächsten Tag fährst du irgendwo wieder zu Hause, wenn es nicht vielleicht noch am gleichen Tag zurückgeht. Und da sind wir genau dabei: Wie ausgeruht bin ich? Und dann genau diese Themen der Neuzeit: Zoom- und Teams-Konferenzen. Was sich seit Corona eingespielt hat, was viel Reisestress jetzt schon irgendwo wegnimmt. Termine, Meetings sinnvoller zu gestalten, wesentlich schneller zu gestalten. Morgens telefoniere ich mit Asien und am Abend telefoniere ich mit Amerika und kann das aber alles aus meinem Büro, vielleicht auch mal von meinem Homeoffice, vielleicht auch zu Hause vom Küchentisch aus machen.
Das transformieren wir jetzt dann in das Auto. Natürlich wird der eine oder andere Kritiker sagen, das dauert noch. Level eins bis fünf und so weiter, die ganze Diskussion. Das Entscheidende ist, es wird kommen. Ich bin Cruise in San Francisco gefahren. Es ist wirklich bewegend und hoch spannend, wenn man da irgendwo pilotiert wird. Du wirst nicht pilotiert. Du wirst pilotiert vom autonomen Auto, aber da sitzt niemand mehr drin. Du wirst durch San Francisco gefahren und fährst zwischen 25 und 45 km/h durch die Stadt und wirst wie von Geisterhand durch San Francisco gefahren. Da musst du einfach sagen, jeder, der Lust an Technologie hat, ist da einfach begeistert und bewegt. Und jeder kann unschwer erkennen: Es ist nicht die Frage, ob es kommt, sondern es ist nur die Frage, wann es kommt.
Sebastian
Auf jeden Fall. Dass es kommt, das steht, glaube ich, echt außer Frage. Das war wie mit E-Mobilität vor fünf, sechs Jahren, wo man auch schon wusste, es kommt. Dass es jetzt doch so schnell sich durchgesetzt hat, war auch nicht klar, zumindest zum damaligen Zeitpunkt nicht. Und ich denke, so eine ähnliche Entwicklung, vielleicht mit ein, zwei Jahren länger, werden wir auch im Bereich des autonomen Fahrens sehen. Weil gutes Beispiel eben: Gerade Amerika drüben, da sehen wir ja die Waymos, [unverständlich 00:15:38] und Cruise alle schon auf der Straße. Die sind dort schon aktiv, legen Strecke zurück und fahren auch normalsterbliche Menschen von A nach B und nicht nur irgendwelche Mitarbeiter, die das Ganze testen, sondern es kann erlebt werden.
Insofern echt spannend, das du da auch schon selbst Platz nehmen konntest. Wie war das denn von deinem Gefühl her? Ich könnte mir das im Moment, ich bin selbst noch nicht mitgefahren, schon ein Stück weit befremdlich vorstellen, wenn du da drinsitzt und du siehst wahrscheinlich nicht mal ein Lenkrad unbedingt. Also vielleicht kannst du uns da auch noch den einen oder anderen Einblick geben.
Christian Walter
Ja, das ist eine spannende Frage. Für mich war es überhaupt nicht befremdlich. Ich habe das vollkommen genossen. Ich fand das komplett super und würde jede Chance ergreifen, das wieder zu tun. Wenn ich demnächst in China bin, wird es das erste sein, dass ich mit Baidu fahre. Das war wirklich super. Aber ich habe es gepostet auf LinkedIn. Ich habe so einen Film gemacht und da gab es Kommentare im privaten Bereich oder öffentlich: „Oh, ist das nicht gruselig? Oh, das ist ja komisch.“ Und dann merkt man, genau das triggert das, was du jetzt gesagt hast: Der eine genießt das. Der andere sagt, „ich fahre noch nicht mal gerne als Beifahrer, wenn meine Frau oder mein Mann fährt. Warum soll ich jetzt so einer Maschine vertrauen?“. Der nächste sagt, „siehst du, ist doch wieder so ein Auto stehen geblieben auf einer Kreuzung nachts um drei“.
Du musst das aber aus der Helikopter-Perspektive sehen, um zu sagen: „Na, dann bleibt das Auto halt nachts um drei einmal stehen. Dann ist das ein Auto von 100. Vielleicht sind es zwei von 100. Aber der Weg, der eingeschlagen wird, ist der richtige.“ Und ich glaube, alle Themen, die wir jetzt neu haben und die einen neu bewegen, das wird selbstverständlich.
Ich war gestern bei der Firma [unverständlich] in Köln und habe mir angeschaut, wie die Firma ihre Produkte ins Metaverse gebracht hat. Das heißt, auch mit einer Datenbrille schaust du dir die Produkte an. Du kannst sie vergrößern, du kannst sie verkleinern und du kannst wie von Geisterhand in die Produkte letztendlich eintauchen. Das ist eine ähnliche Erfahrung wie mit Cruise, aber was ich sagen will: Diese Technologien halten irgendwann inne. Auch in einem autonomen Auto, auch irgendwo in einem Meeting, dass wir Teams-Meetings haben im Virtuellen. Heute ist das vielleicht etwas ganz Besonderes, da redet man drüber, und spätestens in zehn Jahren, ich denke, dass es noch schneller ist, ist das einfach ein Standard.
Die Brillen werden kleiner werden. Wir gehen vielleicht in Richtung Hologramme. Es gibt in Ingolstadt einen Dienstleister, der Hologramme im Automotive bauen möchte und dort erste Prototypen schon entwickelt. Das sind alles Themen, wo sich ganz viele Technologien … Ob das Blockchain ist. Wie zahle ich denn in so einem Auto? Da zahle ich ja nicht mehr mit einer Währung, da zahle ich ja nicht mehr irgendwo in Cash, da zahle ich vielleicht mit Kreditkarte, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich vielleicht mit irgendeiner Kryptowährung zahle, die ich gar nicht konvertieren muss nach China, nach Mexiko oder nach Deutschland, legt relativ nahe, dass sich dort immer mehr Technologien treffen werden.
Sebastian
Und dadurch verschwinden ja auch gefühlt Grenzen, die wir jetzt heutzutage noch haben. Wenn wir jetzt gerade wieder bei dem Thema Zahlweise sind, da muss ich immer an die Ladestation denken, wo es dann noch drüber geht: Wie wird denn da jetzt bezahlt? Brauche ich eine App dafür, habe ich eine Kreditkarte, kann ich mit der EC-Karte bezahlen, muss ich irgendwie eine Brieftaube losschicken, mit ein bisschen Geld unter dem Flügel? Das sind ja genau die Themen, wo du auch zu Recht sagst, da werden sich verschiedenste Technologien miteinander verbinden, um dann eben wahrscheinlich eine ganz andere Art der Fortbewegung oder Mobilität auf die Straßen zu bringen, schlussendlich, wie wir sie uns heute wahrscheinlich noch gar nicht ausmalen können.
Christian Walter
Ich glaube, Komplexität spricht immer gegen die User Experience. Wo du sagst, Komplexität ist immer nicht schön für den Konsumenten. Genau, was du sagst: einfache Bezahlungsmöglichkeiten. Jeder kennt es von einem iPhone. Das ist einfach einfach, es ist intuitiv. Netflix ist einfach, ist intuitiv. Ich denke, die Amerikaner haben uns da wirklich einiges voraus. Das sieht man auch an der Softwaregestaltung von den amerikanischen EV-Autos oder den ganzen Amazon, Apples und Netflix, wie sie alle heißen. Aber das ist genau das Thema. Egal, was wir tun, es muss einfach einfach sein. Es möchte niemand 23 Apps herunterladen für verschiedene Anbieter, keiner blickt mehr durch, keiner hat ein Passwort. Der eine hat die Kryptowährung, der andere hat diese Kryptowährung, das nimmt der eine Dienstleister wieder nicht an und so weiter und so fort.
Ich glaube, das ist eine Erfolgsgeschichte, dass du Schnittstellen hast, dass du offen bist, dass du Technologieplattformen anbietest. Und da geht es dann auch wieder darum, wenn wir wieder über das Zuliefererumfeld sprechen, auch wesentlich offener für Kooperationen zu sein, zu sagen, wir tun uns auf eine Plattform einigen. Da kann jeder seins beitragen, aber am Ende haben wir die gleiche Schnittstelle, die gleiche Programmiersprache und verlieren uns nicht in der Komplexität.
Weil wir sehen, wie viele Themen wir jetzt in unserem Talk angerissen haben, dass es wahnsinnig komplex ist und dass es da auch viele Experten und Dienstleister zu benötigt. Und das ist aber auch die Chance, wenn die sich vereinigen, da zusammen gute Produkte entstehen zu lassen. Wenn aber jeder gegeneinander kämpft und jeder glaubt, ich habe für mich das universelle Wissen gepachtet, dann kann das nicht funktionieren.
Sebastian
Schöne Schlussworte, würde ich jetzt mal fast sagen. Jetzt haben wir 20 Minuten gut rumgebracht, Christian. Waren sehr interessante Einblicke auf das Thema autonomes Fahren, was für Möglichkeiten, Chancen, was der aktuelle Stand ist, was sich da eben bietet. Und ich glaube, da werden wir zwei auch noch mehr als einmal ins Gespräch kommen, um dann eben auch immer mal wieder so den Stand der Dinge abzufragen. Du bist ja auch immer sehr nah an der ganzen Thematik dran, dadurch, dass du ja auch immer auf diese neue Mobilität ein Stück weit blickst. Insofern, glaube ich, haben wir das ausgezeichnet zusammengebracht. Danke für deine Zeit.