Bei einem Treffen einer Delegation des Verbands der Automobilindustrie (= VDA) und dem FDP-Bundestagsabgeordneten Valentin Abel wurde deutlich kritisiert, dass die Zulassung von selbstfahrenden Fahrzeugen in Deutschland zu kompliziert sei. Obwohl sich in den letzten Jahren einiges getan hat im Zulassungsprozess, beispielsweise mit einer Rechtsverordnung des Bundeskabinetts 2022 zum autonomen Fahren, mahlten die Mühlen der Behörden noch immer zu langsam.
Industrie in den Startlöchern
Die Rechtsverordnung des Kabinetts aus dem letzten Jahr gibt vor, unter welchen Bedingungen autonome Fahrzeuge mit Level-4-Funktionen vom Kraftfahrbundesamt (= KBA) zugelassen werden können und sollen. Die Präsidentin des VDA, Hildegard Müller, kommentierte diesen Beschluss damit, dass die Automobilindustrie noch 2022 Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen auf die Straße habe bringen wollen.
Noch immer aber ist der Zulassungsprozess für autonome Fahrzeuge zu kompliziert, denn obwohl die Industrie bereit ist für Innovation und Fortschritt auf deutschen Straßen, sei die Straßenzulassung aufgrund der Behörden oft ein langwieriger Prozess. Einige Mitglieder des VDA haben dies nun gegenüber der Politik angesprochen, nämlich bei dem Bundestagsabgeordneten der FDP Valentin Abel, der auch Mitglied des Verkehrsausschusses ist.
Föderale, dezentrale Strukturen
Während es in Deutschland vom Bundesland abhängige Unterschiede im Entwicklungsstand gibt und viele verschiedene Akteure wie der TÜV oder das KBA an der Zulassung autonomer Fahrzeuge arbeiten, hat z. B. Österreich eine zentrale Instanz, die sich mit dem autonomen Fahren beschäftigt: das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
Weiter vorn als andere Bundesländer, seien hierzulande z. B. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, so das österreichische Softwareunternehmen Kontrol. Als Fazit aus dem Gespräch mit den Mitgliedern des VDA nimmt Abel verschiedene Punkte mit:
„Insbesondere in Deutschland darf es nicht zu einer Divergenz der Bundesländer kommen – 16 unterschiedliche Gesetze für autonomes Fahren erzielen am Ende keinen technologischen Fortschritt“ – Valentin Abel, Bundestagsabgeordneter der FDP
Zudem brauche es eine regelmäßige Abstimmung zwischen den Digitalminister:innen von Bund und Ländern.
Mehr Projekte im ÖPNV
Vertreter:innen verschiedener Unternehmen, wie z. B. BMW, D Space, Infineon, Kontrol und ZF kritisieren, dass es noch immer keine einheitlichen Kriterien für die Zulassung gebe. Zudem fehle es an Förderungen für den öffentlichen Personennahverkehr (= ÖPNV), obwohl es mit dem Projekt MINGA in München, AHOI in Hamburg sowie einem Shuttleprojekt der BVG in Berlin bereits einige staatlich geförderte Programme gibt.
„Wir brauchen eine gute Finanzierungsbasis, spezifisch für das autonome Fahren im öffentlichen Verkehr, um den Regelbetrieb künftig auf die Straße zu bringen […]. Aber als Projekt ist das derzeit zu innovativ und neu, dass es nicht in die ÖPNV-Finanzierung passt.“ – Marc Kiebel, Bereich Regulatory Affairs für autonomes Fahren bei ZF
Kiebel kritisiert auch, dass das Zusammenspiel aus verschiedenen Verantwortlichkeiten ein Bottleneck bilde. Dadurch stauen sich Anträge aus Zulassungen auf und verlangsamen den Prozess. Zudem fehle in den Landesbehörden das Personal, das diese Vorgaben für den Betriebsbereich bearbeitet.
Kontrol zufolge bedarf es daher verschiedener Anpassungen im Bereich autonomes Fahren in Deutschland, um Zulassungen selbstfahrender Fahrzeuge zu beschleunigen. Dazu gehört die Vereinheitlichung der Zuständigkeiten, ein interdisziplinärer und regelmäßiger Austausch zwischen Wirtschaft und Politik, das Festlegen einheitlicher Kriterien, Szenarien, Bewertungsmethoden und Tests für die Softwarequalität sowie klare Anforderungen an die Typenzulassung, die die hohe Unsicherheit auf beiden Seiten reduzieren.
Quelle: automobil-industrie.vogel.de – Appell: Flickenteppich behindert Zulassung von autonomen Fahrzeugen