Das autonome Fahren haben wir zuletzt im Drive.AI-Podcast vor allem immer im Fahrzeug selbst betrachtet beziehungsweise aus der Softwaresicht. In der aktuellen Folge habe ich David Cleaves zu Gast. Er ist Head of Creative bei argodesign, einer Designagentur, die sich mit Design im unterschiedlichsten Umfeld in der Industrie beschäftigt. Er selbst kommt eigentlich auch aus dem Automotiv-Bereich, hat dort jahrelang für BMW, Porsche, VW, Audi gearbeitet.
War somit direkt am Kern der Veränderung unterwegs. Konnte einiges mitnehmen und hatte auch schon erste Überlegungen zu UX-Design Aspekten eben dort erfahren im Rahmen seiner Tätigkeit. Und mit ihm habe ich mich ein Stück weit darüber ausgetauscht, wie sich Design im Exterieur und im Interieur bei Automobilen verändern wird, wenn autonomes Fahren Einzug hält.
Waren sehr spannende Ansätze mit dabei, muss ich ganz ehrlich sagen. Und vor allem hat er darauf abgezielt, dass das Auto, das Fahrzeug an sich immer mehr zum Lebensraum wird und dadurch auch eine gewisse Verschmelzung stattfinden wird. Im Detail führt er das natürlich am besten selbst aus. Wir gehen direkt rein ins Gespräch mit David. Viel Spaß damit.
Gerne kannst du uns auch Fragen zum autonomen Fahren per Mail zukommen lassen, welche dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Hörer des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freuen wir uns. Also gerne melden, auch für die bereits erwähnten Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung beim Podcast-Anbieter deiner Wahl freuen wir uns natürlich auch sehr! Vielen Dank.
Transkript zu: David Cleaves bringt Expertise im autonomen Fahrzeugdesign ein
Sebastian
Hi David, vielen Dank, dass du dir heute die Zeit nimmst, dass wir uns ein wenig über das Thema autonomes Fahren unterhalten. Heute mal aus einem anderen Blickwinkel, wie wir es bisher hatten. Wir gehen eher auf die UX Anmutungen, Design-Geschichten ein. Wie wird mit dem Fahrzeug interagiert? Bevor wir da allerdings tiefer eintauchen, stell dich doch unseren Hörer*innen gerne mal selbst vor, damit wir wissen, mit wem wir es denn zu tun haben.
David Cleaves
Ich heiße David Cleaves. Ich komme aus Texas, Austin Texas, in den USA. Da war ich lange im Design-Bereich tätig und vor zehn Jahren bin ich nach München umgezogen, mit Frog Design, einem alten mehr als 50 Jahre alten, deutsche Designunternehmen. Das hat viel für Apple in den 80er-Jahren zu tun gehabt. Und da war ich sechs Jahre in München. Ich habe die, den Design Team hier geleitet als Executive Creative Director und dann Automobilbranche habe ich in der Zeit viel für Porsche und Audi und Skoda, alle die verschiedene VW-Marken gearbeitet, in Themen um Connected Car.
Damals vor sieben, acht Jahre, viel mit Connected Car, die damals relativ neue Apps, die man mit iPhone und Android, mit denen man mit dem Auto alles kontrollieren konnte, zu tun. Und dann bin ich die letzten vier, fünf Jahre bei BMW-Design, war ich Abteilungsleiter für den Design-Bereich für Themen, fokussiert auf Digitale Vorentwicklung in Fahrzeug außerhalb des Fahrzeugs und Connected Car, die Apps für BMW, Mini und Rolls Royce zuständig. Und im letzten Jahr, neueste, habe ich eine Designagentur hier in München gegründet. Ich bin nicht mehr bei BMW. Habe mit alter Freunde von Frog Design ein Designstudio hier in München gegründet.
Jetzt sind wir fast neun Leute und mit Kollegen, mit 100 Kollegen in den USA in Austin, Brooklyn, New York und Amsterdam zusammen und machen viel Produktdesign.
Sebastian
Und beim Produktdesign seid ihr jetzt dann auch wieder so OEM lastig? Seid ihr bei Porsche, Audi und VW unterwegs oder macht ihr jetzt generell?
David Cleaves
Wir sind industrieunabhängig. Ich bin jetzt in diesem Moment, ich mache kein Fahrzeugdesign, aber ich bin im Gespräch letzte Woche mit einer italienischen Sportscar-Firma. Hoffentlich steigen wir ein mit einem Automotive-Projekt in den nächsten Wochen. Aber im Moment mache ich viel mit AI, Gestaltung für künstliche Intelligenz, wie man das freundlicher, verständlicher macht. Mit Start-ups aus London und andere Firmen. Das ist gegenwärtig ein Hauptpunkt. Und deswegen freue ich mich auch auf der Agentur-Seite wieder zu sein, weil man hat dann eine breitere Bandbreite von Projekten, Mobilität und Automobil-Projekte als auch für andere Firmen.
Sebastian
Definitiv spannend. Ich denke auch die Breite, die macht es immer aus für uns. Natürlich dennoch interessant ist ja jetzt das autonome Fahrzeug, wo wir die Verbindung haben. Vielleicht kannst du uns da ja auch mal abholen, wenn wir da jetzt mal beim Exterieur beginnen, was für eine Rolle da eben auch UX Design spielt, wie mit der Umwelt interagiert wird von dem Fahrzeug, mit anderen Fahrzeugen, mit Fußgängern beispielsweise. Was du da schon mitgenommen hast oder wo du auch siehst, wo die Richtung hingeht?
David Cleaves
Wie mit allen Technologien in Geschichte für 1000 Jahre die ersten Jahre für etwas ganz Neues wie in diesem Beispiel autonomes Fahren, wo niemand kennt, wie es, was es ist, wie es funktioniert, soll man davon erschreckend oder scared sein? Oder gibt es eine ganz andere Rolle für Design? Das man in zehn oder fünfzehn Jahren wird es eine ganz andere Frage, ganz andere Antwort. Aber jetzt im Moment, wo es kaum autonomes Fahren auf der Straße gibt, vielleicht ein Testfahrzeug here and there in der Stadt zu sehen, und gibt es auch viel Angst für Roboter und künstliche Intelligenz und alle diese neuen Systeme, die in unserem Leben eine Rolle spielen werden.
Von der Design-Seite müssen wir in der Exterior Branche viel kümmern Freundlichkeit, Verständlichkeit, dass die Fußgänger, Fahrräder um das Auto verstehen. Das ist ein Self-Driving Car und es wirkt ein wenig, tickt ein bisschen anders als die anderen Fahrzeuge. Man kann es nicht in die Augen direkt schauen, weil man merkt mit Fußgänger und Fahrrädern, man schaut immer in die Augen von einem Busfahrer und dann weiß man: Der sieht nicht so mutig aus. Ich kann vor ihm schnell fahren und ich werde mich nicht umbringen.
Man sieht in dem Gesicht von einem Fahrer, was man darf als Fußgänger oder Fahrer. Mit einem autonomen Fahrzeug muss man das irgendwie simulieren. Und das hat BMW gerade gezeigt im Januar beim CES in Las Vegas, den neuen Prototyp, wo man ein Gesicht auf dem Fahrzeug zeigen kann oder andere Expressions. Und das wird wichtig, auch Sound, Geräusche werden eine wichtige Rolle bei autonomes Fahren, wie wir schon bei Elektrofahrzeugen. Elektrofahrzeuge sind fünf oder zehn oder fünfzehn Jahre vorher auch eine ganz neue Technologie und man sah da als Beispiel von der temporären Lösungen, die man für die paar ersten Jahre von der neuen Technologie musste, man damals Elektrofahrzeuge ganz anders designen, mit blau oder grün oder irgendwas und andere Marker, andere Name, dass die irgendwie eine Präsenz hatten.
Jetzt sind wir in der zweiten Phase, wo Elektrofahrzeuge können mehr anonym auf der Straße sein. Man hört einen Unterschied, aber sonst, die sehen aus genau wie andere Fahrzeuge. Und das wird auch für autonomes Fahren wahrscheinlich nach die ersten zehn oder fünfzehn Jahren werden die aussehen wie alle anderen, ein wenig mehr oder mehr Ähnlichkeiten. Aber am Anfang wird es intensiver von der von der Exterieur-Design. Ja, Einzigartigkeit wird am Anfang sehr stark.
Sebastian
Davon gehen wir auch aus. Ich habe gerade dieses Beispiel E-Ink, das haben wir auch gesehen natürlich. Aber ich habe auch bei Jaguar, die haben so einen Mover herausgebracht und die hatten dann quasi ein Augenpaar obendrauf gesetzt, die dann eben auch diesen Blick gelenkt haben, was ja auch so ein Ansatz wäre, den du jetzt gesagt hast, dass man eben versucht, das Gesicht, was man vom Fahrer ja nicht mehr sieht, dann im Fahrzeug wiederzufinden.
David Cleaves
Und von außen werden das die größte Herausforderung insgesamt und einer von den zwei, drei größte für autonomes Fahren ist natürlich, wir wissen das alles, dass das die ersten Momente werden am schwierigsten von der Umwelt, weil die erste Moment es wird ein Fahrzeug aus von 1000 oder eins auch von 100 werden autonom und die anderen 99 werden von Menschen befahren.
Das ist der komplizierteste Moment. Das ist auch der Anfang von der Software und Technologie. Heißt, die Fahrzeuge von jetzt, die autonom fahren, müssen zehnmal klüger sein wie in 50 Jahren in die Zukunft, wenn die alle vernetzt sind und alle Fahrzeuge autonom fahren, dann werden die relativ, dann können die relativ dumm sein oder wie ein Thin, wie man auf der Computerseite sagt, ein Thin-Server oder ein Thin-Instance, wo es sehr wenig Computing Power, sehr wenig Memory haben muss in 20, 30, 40 Jahre. Aber jetzt müssen die super stark sein am Anfang.
Und das ist für alle Themen bei autonomes Fahren sehr schwierig. Dass die auch die, dass Toleranz von Leuten, in Kultur, dass man toleriert sehr wenig im Bereich von Fehlern und natürlich Toten, wie sagt man das, deaths, Leute, die sterben, die von einem autonomen Fahrzeug umgebracht sind, werden am Anfang ganz untolerant. Und das macht alles super schwierig. Aber es ist machbar.
Sebastian
Klar, es ist eine Herausforderung, der man sich stellen muss. Wenn wir jetzt mal ins Interieur hineingehen, vielleicht gibt es da auch Veränderungen, weil man sagt ja immer gut, du setzt dich rein, das fährt dich autonom von A nach B. Aber was denkst du, wie sich da die UX, das Design im Innenraum dann verändern wird aus deiner Annahme, mit deinen Kenntnissen?
David Cleaves
Ja, im Innenraum ist immer interessant, weil es verschiedene Zonen gibt. Es gibt Front-Seat, Reer-Seat vorne, hinten und die Zonen haben ganz andere Herausforderungen und Gelegenheiten, die man dran denkt. Vorne und auch für verschiedene Marken ist ganz anders.
Für BMW und Porsche zum Beispiel hier in Deutschland habe ich immer AMG, gibt es immer die Angst, dass die Marker und autonomes Fahren im Moment wenig Überlappung haben, weil die Marken sind sehr vom Selbstfahren fokussiert und das Innendesign von einem Auto, von ein sehr deutsches, performance-orientiertes Auto wie ein Porsche oder ein BMW oder ein 1M von BMW zum Beispiel sehr cockpitorientiert und fahrerorientiert. Und beim Self-Driving wird das ganz natürlich umgekehrt und wie die Marken sich anders vorstellen, das ist eine Frage außer meiner Kompetenz. Ich bin kein Marken-Designer, aber das ist ein wichtiges Thema. Von dem digitalen Erlebnis in den Fahrzeugen, was mein Fokus immer war und ist.
Es gibt viele gute Fortschritte, wie man alles schon relativ verständlich erklären kann, von all die Fahrzeuge, die das Auto fahren, viele Prototypen, wo man in den Fenstern mit halb transparenten Displays in die Seitenfenster kann man der Umwelt zeigen, um den Fahrzeug, dass man ein wenig, dass man nicht das Gefühl verliert, dass man fährt und das Gefühl von Umwelt, draußen, was draußen passiert. Man muss ein bisschen Awareness noch behalten.
Und wie stark das sein kann oder wie wenig oder wie leise, das kann anders geregelt sein. Vorne bei der Fahrer und Beifahrer soll wahrscheinlich stärker die Präsenz von außen, das Awareness von außen. Hinten kann die Leute hinten können, wahrscheinlich mehr in der Entertainment-Zone, besonders in ein großes Fahrzeug wie ein Siebener oder ein S-Klasse, der hinten breit kann in Zukunft ein ganz wie ein Chauffeur-Erlebnis, ein ganz luxuriöses Erlebnis dort mit Entertainment und eventuell beim Level 5 schlafen. Da freue ich mich sehr. Ich bin jetzt 50 Jahre alt und ich hoffe, bevor ich zu alt werde, dass ich Level 5 erleben kann. Ob es, wann kommt, ist noch eine große offene Frage. Aber, dass man mein Fahrzeug schläft.
Ich nutze den Schlafzug nach Amsterdam oft. Wir haben dort ein Studio, ein Design Studio. Ich bin öfter da und ich mag immer diesen Fahrt, den Nachtzug über Nacht in kleinen Kabinen mit einem Bett und finde das so toll in Europa zu tun. Aber wenn man das, dieses Erlebnis haben könnte, ein eigenes Fahrzeug oder ein Sharing-Fahrzeug, egal, und irgendwo ganz Spezielles hinfahren kann und das so machen, würde ich mich sehr freuen.
Sebastian
Da wird’s dir nicht jetzt alleine so gehen. Also ich könnte da auch Freude abgewinnen, weil ich glaube, das macht einfach auch noch mal eine andere Art des Reisens, des Fahrens dann aus, die eben auch mit so einer Veränderung kommt dann.
David Cleaves
Ja, wenn man nimmt, was wir von Covid gelernt haben, von Arbeiten, wie wir jetzt über Video miteinander reden und in der Arbeit, man macht man das ständig und das gekoppelt mit Level 4, Level 5 Fahrzeuge. Wir werden ein ganz anderer Lebensstil haben, wo man sieht in Italien und auch in Deutschland, die kleinen Dörfe, Immobilien kosten sehr wenig. Man kann in Mecklenburg-Vorpommern ein großes Haus für sehr wenig kaufen und wunderschön leben. Und da könnte man in Berlin arbeiten, zwei, drei Tage in der Woche. Ganz einfach. Was heute schwierig ist.
Sebastian
Das stimmt. Das ändert ja jetzt nicht nur das Fahrgefühl oder Fahrverhalten tatsächlich, sondern es ändert ja das ganze Lebensverhalten dann auch.
David Cleaves
Fahrgefühl werden wir vermissen. Ich frage mich, ob es wird wie Pferde, weil viele Leute haben Pferdegefühl auch vermisst von die 18. /19. Jahrhunderten. Es war notwendig zu wissen, wie man sein Pferd kümmert und reitet und über Nacht in einen Pferdestall in der Stadt übernachten lassen würde. Die ganze Infrastruktur und Lebensstil darin existiert jetzt nur als Luxus-Entertainment für Leute wie im Englischen Garten hier in München, Pferdereiten. Es gibt noch und ob das die Zukunft in 20, 30 Jahre für Fahrerlebnis wird, wir werden sehen. Aber kann sein
Sebastian
Aber du siehst auch schon, es wird eine maßgebliche Veränderung sein und es wird auch für den Nutzer, Nutzerinnen dann im Innenraum auch größere Veränderungen geben, so wie du es ja angedeutet hattest.
David Cleaves
Und im ganz extremen Fall in die Zukunft, dass das Auto kann in kleinere Häuser auch ein extra Zimmer sein, das an ein Haus gekoppelt ist, wird auch Immobilien ändern, eventuell, dass man kann ein Vehikel, irgendein fahrendes Zeug an das Auto, an ein Haus kuppeln können. Und da hat man extra Strom von die Batterien drin und dann hat man auch eine extra Schlafmöglichkeit. Wenn es ein wie ein VW Bus wäre, hat man mehrere, hat man fast eine kleine Wohnung extra. Und von so einem Extrem bis zu einem kleineren Fahrzeug gibt es eine ganze Bandbreite von Interieur-Erlebnisse.
Und fast alle große Hersteller haben diese Konzepte schon veröffentlicht von Innenräumlichkeiten mit Level 5 Erfahrungen. Mit drehbaren Sitzen und Sofas und Lampen und Pflanzen, alles Mögliche, die man im Fahrzeug hat. Die sind alle schon ein wenig gezeigt. Aber wie das im täglichen aktuellen Leben kommt, ist die Frage. Und es gibt auch das andere große Thema, dass Fahrzeuge sind, ich weiß nicht, das ist die neueste Nummer, aber etwa 90 % der Zeit auf der Straße sitzen oder in einer Garage sitzen. Und eventuell die Mobilitäts- und Sharing Konzepte werden mehr und mehr mit autonomes Fahren zusammen dieses Problem lösen.
Und wir werden, ich denke und hoffe, die Zukunft weniger private Autos haben und mehr diese hochqualitativen, gut gepflegten Shared-Konzepte nutzen. Es wird immer eine Rolle sein für ganz Privates wie ein Privatjet. Es gibt Leute, die heute ein privates Flugzeug haben, natürlich. Und es wird immer ein Rolls-Royce geben, ein Bentley, wo man irgendwas ganz Privates haben wird. Die Mehrheit wird wahrscheinlich nicht mehr brauchen.
Sebastian
Davon gehen wir auch aus in unserer Betrachtung, dass wir eben mehr in dieses Shared-Konzept hineingehen. Wir haben jetzt ungefähr ahnen können, wie das dann ausschaut. Vielleicht tauschen wir uns einfach in Zukunft noch mal aus, wie sich es dann vielleicht entwickelt hat, wenn weitere Schritte gegangen sind. Dir vielen Dank für deine Einblicke, David, und dass wir da ein wenig über UX und Design lernen konnten im Umfeld vom autonomen Fahren.
David Cleaves
Ja, danke. Nichts zu danken. Es war ein Genuss.