Bereits mit 13 Jahren baute Kyle Vogt seinen ersten Prototypen eines selbstfahrenden Autos, ein Power Wheels mit einer Webcam und einem Pentium 233-Computer in der Mitte, das gelben Linien auf dem Parkplatz folgen konnte. Mittlerweile ist er CEO von General Motors‚ Tochterunternehmen Cruise, das sich auf autonome Fahrzeuge spezialisiert hat.
Bald wird Autofahren ein Hobby sein
Autonome Fahrzeuge sind vielversprechend, da sie für Millionen von Menschen viel Zeit sparen können und dabei menschliche Fehler beim Fahren reduzieren, so Vogt. Außerdem profitiere die Umwelt.
Doch die jüngsten Schlagzeilen über Unfälle mit autonomen Fahrzeugen können potenzielle Fahrer*innen und Gesetzgebende zum Nachdenken bringen, während der Optimierungsprozess der Hersteller noch in vollem Gange ist. Eine Umfrage der American Automobile Association vom März ergab, dass 68 % der Amerikaner*innen Angst davor haben, in einem autonomen Fahrzeug mitzufahren, während es im Jahr 2022 noch 55 % waren.
Dennoch hat es sich Kyle Vogt, CEO des Autoherstellers Cruise, vorgenommen, bis 2030 mindestens 1 Million Robotaxis auf die Straßen der USA, sowie nach Japan und Dubai zu bringen. Seiner Meinung nach sei dafür eine breite Akzeptanz unausweichlich, und noch mehr: Die Einstellung zum Autobesitz werde sich grundlegend ändern durch den Übergang vom Fahren zum Gefahrenwerden.
„Within 10 years, driving is going to be a hobby like riding horses is today“ – Kyle Vogt, CEO Cruise
Cruise arbeitet derzeit an Robotaxi-Diensten in US-amerikanischen Großstädten wie San Francisco und Austin, wobei das Unternehmen mit Alphabets Waymo, Amazons Zoox und Tesla konkurriert. Cruise plant aber auch, selbstfahrende Autos an Privatpersonen zu verkaufen. In diesem Jahr wird Cruise Origin vorstellen, ein autonomes Fahrzeug ohne Pedale oder Lenkrad.
Im Gespräch: Kyle Vogt zum autonomen Fahren
In seinem Interview mit Fortune vergangenen Monat stand Vogt Rede und Antwort zu verschiedenen Fragen rund um autonomes Fahren. Selbst mit dem Auto zu fahren, ergibt Vogt zufolge keinen Sinn, denn mittlerweile gebe es die autonome Alternative zum manuellen Fahrzeug, die eine große Anzahl von Verkehrstoten verhindern könne. Entsprechend ist er sicher, dass die Mehrheit der Menschen in fünf Jahren autonom durch die Großstädte gefahren werde.
Öffentliche Skepsis und Unfallwahrnehmung
Dass es dabei eine Menge Schlagzeilen über Unfälle mit selbstfahrenden Fahrzeugen gibt, dämpft die Begeisterung der Öffentlichkeit für die modernen Fahrtechnologien. Beispielsweise steht das Fahrerassistenzsystem (Full Self-Driving, FSD) von Tesla in der Kritik, was Vogt aber von fahrerlosen Autos getrennt wissen will. Bald werde sich die Wahrnehmung autonomer Fahrzeuge durch Alltagserfahrungen verändern:
„If people are lumping in driver-assistance systems (like Tesla’s) with driverless cars, which are different, then we run the risk of that because of those headlines. What we see is that a lot of people are initially pretty nervous about getting into driverless cars. But within two or three minutes of riding around, they get it. Over the next year or two, I think everybody will know someone with firsthand, on-the-ground anecdotes that will change perceptions.“ – Kyle Vogt
Schließlich werde diese veränderte Wahrnehmung zu mehr Vertrauen in die Technologie führen. Menschen müssen sich für autonome Fahrten entscheiden, um die Verbreitung zu fördern, so Vogt.
Eigentum und Ride-Sharing
Autonome Fahrzeuge sind komplex ausgestattet und teuer. Daher gibt es einige Robotaxi-Flotten, wie auch von Cruise, deren Fahrzeuge nicht mehr im Privatbesitz der Fahrenden sind, sondern über Ride-Sharing geteilt werden. Diese veränderte Einstellung zum Besitz eines Fahrzeuges werde laut Vogt dazu führen, dass ein eigenes Auto als Luxus angesehen werde. Damit fallen alle Lästigkeiten des Eigentums weg, wie Park- und Garagenplätze, Wartung, Reparaturen, Reinigung, etc.
Politischer Einfluss auf Innovation und Fortschritt
Der Wettbewerb auf dem Markt autonomer Fahrzeuge beunruhige Vogt vor allem international. Seine Sorge sei es, dass chinesische Konkurrenzunternehmen durch Investitionen und vorteilhafte Gesetzgebung einen Vorsprung bekommen könnten:
„I’m deeply concerned that the U.S. is moving too slowly and that Chinese competitors could get a leg up from how their government is not just opening the doors from a regulatory and infrastructure standpoint but also investing heavily.“ – Kyle Vogt
Wetterbeständigkeit selbstfahrender Fahrzeuge
Bisher umfassten Testfahrten von Cruise mit San Francisco, Austin und Phoenix nur schneefreie Städte. Schnell stellt sich also die Frage, wie praktikabel die Nutzung der Robotaxi-Dienste auf verschneiten und vereisten Straßen wäre.
Vogt zufolge sei aber die Ausweitung auf Gegenden mit extremen Wetterbedingungen direkt zu Beginn nicht nötig. Das Ziel sei es, durch die schnelle Ausweitung einen Mehrwert für möglichst viele Menschen zu schaffen, und derzeit sei die Ausweitung auf schneefreie Städte besser umsetzbar. Es werde aber an einem wetterfesten Fahrzeug gearbeitet:
„We’re first trying to scale this up as quickly as possible, and we’re starting in the warmer, Southern half of the U.S. mainly for that reason. We don’t need to solve the worst-case blizzard to start adding real value to people’s lives today. And we are working on a next-generation vehicle with the necessary technology to handle bad winter weather. Some of the sensing technology we put on these vehicles can already see through snow, fog, and rain.“ – Kyle Vogt
Hauptkundschaft: Junge Menschen in Großstädten?
Vor allem jüngere Menschen und Studierende seien von autonomen Fahrzeugen begeistert, so Vogt:
„Younger people, especially college kids, love this. We’re doing a partnership with the University of San Francisco, where a lot of students are out and about at night, coming in from classes or going to dorms and things like that. Maybe there’s some overlap there because the younger generations are less interested in the hassle of car ownership and are looking for an alternative to Uber and Lyft.“ – Kyle Vogt
Bisher sind die neuen Fahrtechnologien außerdem auf dicht besiedelte Räume fokussiert, seien aber auch für Pendler*innen interessant, so Vogt. Damit wäre ein Stau plötzlich gar nicht mehr so nervig, wenn man währenddessen Filme schaut, arbeitet oder Alkohol trinken darf.
Der Weg zum CEO
Kyle Vogt ist kein Neuling auf dem Markt der Unternehmer*innen und Erfinder*innen, denn er war u. a. Mitbegründer von Twitch, einem Livestreaming-Dienst. Dabei habe er viel darüber gelernt, eine bessere Führungskraft zu sein, Rezessionen zu überstehen und Mitarbeiter*innen zu rekrutieren bzw. zu binden. Einen Großteil seines Wissens habe er schließlich vom Gründer zum CEO übernehmen und anwenden können.
Anfang letzten Jahres kehrte Vogt nach seiner Zeit als CTO in die Chefetage von Cruise zurück. Sein Aufgabenbild habe sich in der Zwischenzeit stark verändert, sagt er, denn die Anzahl der Mitarbeitenden ist in der Zwischenzeit gestiegen:
„Going from a company of zero to a few hundred people is very different than going from maybe 1,500 to a few thousand. In the early stage, I was very hands-on, writing code and out there in cars, debugging things with the engineers, and dealing with everything that needed to happen in the office. I used to take out the trash. My time now is much more about recruiting really good leaders. Managing an experienced C-level executive or VP differs greatly from managing someone straight out of college.“ – Kyle Vogt
Cruise arbeitet als eigenständiges Tochterunternehmen eng mit General Motors zusammen und derzeit entwickeln beide gemeinsam das Fahrzeug Origin:
„We’re working on how we analyze safety in these vehicles and how we manufacture and deploy them at scale. But we are an independent company.“ – Kyle Vogt
Quelle: yahoo!finance – The CEO of GM’s Cruise thinks driverless cars will rule the road in 5 years: ‘Humans are so bad at driving’