Das Start-up Arnold NextG will die Entwicklungszeit zum autonomen Fahren mit einem extrem leistungsfähigen zentralen Steuergerät verkürzen. Bosch ist schon auf den Zug aufgesprungen und tüftelt gemeinsam mit den Spezialisten von der Schwäbischen Alb an einem Steer-by-Wire-System.
Im echten Leben gibt es Paare, bei dem man auf den ersten Blick nicht vermutet, dass die zusammenpassen. Auch im beinharten Wettkampf der Automobilindustrie sind diese Verbindungen zweier ungleicher Kooperationspartner gerade angesagt. Die Dickschiffe aus Bayern. Schwaben und Niedersachsen suchen sich Start-ups und holen sich nicht nur deren Wissen ins Boot, sondern auch die Flexibilität der jungen Unternehmen. Wo bei den großen Konzernen Prozesse und Bedenken regieren, setzen die jungen Firmen die Idee einfach um. Diese Kombination aus kurzentschlossenen Technologie-Pioniergeist und strategiegeprägten Handeln geht nicht immer gut, wie man an VW und Argo AI sieht. Was einst wie eine Hochzeit im Himmel und das „Next Big Thing“ gefeiert wurde, endete mit dem Ende des amerikanischen Start-ups
Jetzt hat sich Bosch mit Arnold NextG zusammengetan, um ein Steer-by-Wire.-System bis Mitte der Dekade serienreif zu bekommen. „Die Zusammenarbeit mit Arnold NextG unterstützt und beschleunigt unsere Produktentwicklung in idealer Weise. Wir bringen das Know-how für den Einsatz in Großserien mit und können mit der zusätzlich eingebauten Arnold-NextG-Technologie nun schneller auf öffentlichen Straßen Erprobungen durchführen“, bringt Dr. Stefan Waschul, für den Entwicklungsbereich zuständiger Geschäftsführer der Robert Bosch Automotive Steering GmbH den Zweck der Kooperation auf dem Punkt.
Der weltgrößte Zulieferer braucht die Technologie-Infusion, um im Kampf gegen ZF und Schaeffler nicht an Boden zu verlieren. Beide Konkurrenten arbeiten ebenfalls an einer Steuerung des Autos, die ohne Lenksäule auskommt und die große Pfründe, die mit einem solchen serienreifen System winken, will sich jeder sichern. Die Frage ist nur, warum Bosch sich gerade das Start-up von der Schwäbischen Alb ausgesucht hat, um in diesem Wettlauf die Nase vorn zu haben.
Arnold NextG hat das große Ganze im Blick. Denn das junge Unternehmen tüftelt am autonomen Fahren und da ist Steer-by-Wire ein wichtiger Schritt. Das NX NextMotion-Steuergerät soll den Weg zum Robo-Auto ebnen. Dabei handelt es sich um ein leistungsfähiges Zentralgehirn, das alle Funktionen des selbsttätigen Fahrens beherrscht. Also nicht nur das Lenken, sondern auch das Gas geben und Bremsen. Die NX NextMotion-Einheit ersetzt viele kleinere Steuergeräte und ist zudem noch modular aufgebaut. Das heißt, jeder Hersteller, der sich mit dem selbsttätigen Fahren beschäftigt, kann seine Software aufspielen, spart sich einige Entwicklungszyklen und Hardware. In Zukunft sollen alle Funktionen auf einen Chip (als SoC-Lösung) integriert werden. Rund 140 Techniker arbeiten daran, dass diese ambitionierte Vision Realität wird.
Beim Namen Arnold und der Tatsache, dass die Firma in Pfronstetten-Aichelau beheimatet ist, werden Kenner der Szene sicher hellhörig. Schließlich sitzt dort auch Paravan, ein Unternehmen, das sich auf das behindertengerechte Umbauen von Autos spezialisiert inklusive Lenkung per Joystick spezialisiert hat und mit Schaeffler ein Joint Venture eingegangen ist, das der große Zulieferer mittlerweile übernommen hat.
Arnold-NextG-Geschäftsführer Kevin Arnold besteht auf die Eigenständigkeit seines Unternehmens. „Das NX NextMotion-Steuergerät hat mit Space Drive und Paravan nichts zu tun“, macht der 23-Jährige deutlich. Entscheidend ist, dass sich das Start-up nicht nur über die Hardware, sondern auch über Software und Daten definiert. Ein Ansatz, der offenbar so erfolgversprechend ist, dass Bosch auf diesen setzt.
Über den Autor: Wolfgang Gomoll; press-inform